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mächtigen Woge und spülen alle Schmerzen fort. Zwei Menschen sind wir, alleine
irgendwo in den Weiten der Zeit und des Universums. Deine Liebe ist ein Wirbel,
ergreift, errettet mich, ist alles, was ich je besessen, mir je erhofft habe. Ich spüre sie
so stark, nach all diesen Jahren. Sie fließt durch meine Poren, meine Adern. Sie ist wie
ein Wunder, sie heilt die Schnitte, Risse und Schrammen, alle Narben macht sie
weich, nimmt den Hass aus meinen Fäusten. Sie ist mein Lebenselixier.
So vergeht die Nacht, vergeht viel zu schnell. Vor meinem Fenster, weit hinter der
Stadt, sickert fahles Sonnenlicht über die Welt und bringt mit sich den grauen
Morgen. Die Hitze der Nacht ist fortgezogen und durch mein offenes Fenster trifft
mich morgendliche Kühle mit einem leichten Stich. Du bist verschwunden, hast dich
aufgelöst im Lichte des Tages. Auch meine Angst vor der Einsamkeit hat dich nicht
halten können.
Ich schaue an mir herab. Mein starrer Körper ist in sein neunzig Zentimeter breites
Gefängnis gesperrt. Die Pflegerin hat das Fenster wieder geschlossen. Der Morgen
sei viel zu kalt für mich, hat sie gesagt. Vielleicht würde es am Nachmittag
freundlicher werden. Dann könnten wir ein wenig in den Garten fahren. Sie spricht
noch weiter, doch ich höre ihr nicht zu. Noch einmal wandern meine Gedanken zu
dir und während eine Träne aus meinen Augen fließt, entspringt ein Lächeln auf
meinen Lippen.